Auto gegen Motorrad – Ein Unfall mit Folgen

An einer Kreuzung im Ortsgebiet erfolgte ein folgenreicher Zusammenstoß zwischen einem PKW und einem Motorrad. Der PKW bog links ab, verletzte dabei die Vorrangregelung und erfasste ein aus der Gegenrichtung kommendes, mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeifahrendes Motorrad. Der Lenker des Motorrads trug keine hinreichende Schutzkleidung. Er erlitt bei dem Verkehrsunfall unter anderem einen offenen Unterschenkeltrümmerbruch, eine Arteriendurchtrennung sowie mehrere Fußwurzelfrakturen und einen Schambeinbruch. Aufgrund des langwierigen Heilungsverlaufs erlitt der Lenker des Motorrads anschließend eine posttraumatische Belastungsstörung. Daraus resultierte eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Der Geschädigte konnte seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben.  

Problematisch bei diesem Verkehrsunfall war, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt Turnschuhe und Jeans anstatt einer Lederkombination trug. Laut Sachverständigen wären die Folgen des Unfalls mit angemessener Schutzkleidung milder ausgefallen. Grundsätzlich besteht, mit Ausnahme der gesetzlichen Helmpflicht, keine Pflicht Schutzkleidung zu tragen. Allerdings bejahen die Gerichte ein Mitverschulden, wenn generell üblich ist, Schutzkleidung zu tragen. Dies wird beim Motorradfahren im Ortsgebiet trotz der langsameren Geschwindigkeit bejaht. Motorräder stellen durch ihr geringes Gewicht, der starken Beschleunigung und ihrer Instabilität ein besonderes Risiko dar.  Weiters herrscht im Ortsgebiet generell ein dichtes Verkehrsaufkommen. Den Motorradfahrer trifft somit ein Mitverschulden an der Schwere der Verletzungen, da er keine passende Schutzkleidung trug.

Außerdem war der Motoradfahrer zu schnell unterwegs. Statt der erlaubten 50 km/h wurde die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit auf mindestens 55 km/h geschätzt. Deswegen wollte der Rechtsanwalt des Autofahrers ein Mitverschulden des Motorradfahrers geltend machen. Jedoch wurde vom OGH bereits früher (8 Ob 95/75) ausgeführt, dass eine Vorrangverletzung sehr schwer wiegt und bei weitaus überwiegendem Verschulden des Autofahrers das Verschulden des Motorradfahrers aufgehoben wird. Geringe Geschwindigkeitsüberschreitung sind nach den Gerichten Geschwindigkeitsüberschreitungen von maximal 10%. Im konkreten Fall traf den Motorradfahrer für die überhöhte Geschwindigkeit kein Mitverschulden. Mit dem Einwand des Mitverschuldens aufgrund fehlender Schutzkleidung hatte der Rechtsanwalt des Autofahrers aber Erfolg. Dieses Fehlverhalten ist bei der Berechnung des Schmerzgeldes zu berücksichtigen. Der vom Sachversverständigen berechnete Schmerzensgeldbetrag wurde deshalb vom Gericht reduziert.

Der Rechtsanwalt des Motorradfahrers erstritt für seinen Mandanten letztlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000€. (siehe näher: OGH 2Ob44/17k). Hätte der Motorradfahrer Schutzkleidung getragen, wäre bei gleichem Verletzungsausmaß, sogar ein noch höherer Schmerzensgeldbetrag zugesprochen worden.

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